Wer bin ich?
Charlotte lebt momentan in Wuppertal und wohnte davor lange in Köln. Sie ist Community Musician und als Harfenistin tätig. Mit ihrer Harfe ist sie entweder als Solokünstlerin oder mit einer Band unterwegs, veranstaltet Workshops und Konzerte. Sie studierte Musikethnologie im Bachelor und befindet sich aktuell im Masterstudiengang Musikwissenschaften mit dem Schwerpunkt Musikethnologie an der Universität Köln. Charlotte schreibt derzeit ihre Masterarbeit und hat parallel zum Studium in Köln noch ein weiteres Studium aufgenommen an der Bergischen Universität in Wuppertal. Dort studiert Sie Schulmusik mit den Fächern Musik und im Zweitfach Englisch. Zusätzlich nimmt Sie am Zertifikatslehrgang der Landesmusikakademie NRW zur Community Musician teil, der schon fast abgeschlossen ist.
Was tue ich?
In den letzten Jahren haben sich für Charlotte Daun einige Dinge herauskristallisiert, die ihr wichtig sind an Musik. Diese laufen für Sie in der Community Music Praxis zusammen. Zum Beispiel findet Sie den freien Umgang mit musikalischem Material wichtig. Vor allem im Jazzkontext, in dem sie sich in den letzten Jahren bewegt hat, hat Sie gelernt, dass Musik nicht immer genau so gespielt werden muss, wie Sie in den Noten steht. Es gibt durchaus Räume und Herangehensweisen in der Musik, die sehr individuell sein können. Das Vorgehen muss nicht festgeschrieben sein, sondern sollte viel Raum zum Entfalten ermöglichen. Das ist ein Aspekt, den Sie in der Community Music sieht und stärken möchte. Auch das Miteinander muss auf einer musikalischen Ebene und menschlich ausgehandelt werden, indem man miteinander in Kontakt tritt. Die Aspekte, die ihr wichtig geworden sind, entstammen vor allem dem Kontext ihres musikethnologischen Studiums, weil häufig die Musikstile und verschiedenen Musikpraktiken sowohl in europäischen Ländern als auch in außereuropäischen Ländern betrachtet werden. Dabei geht es oft um die Unterschiede und die Fragen „Was macht man, um das zu präsentieren?“ „Was macht man, um eine Performance zu gestalten?“ „Was macht man, um miteinander in Kontakt zu kommen?“ „Welchen Charakter hat das Musizieren miteinander?“
Ihre Masterarbeit schreibt Charlotte aktuell über die Harfentraditionen in Paraguay. Dafür war Sie 2022 für ein paar Monate in Paraguay und hatte längere Zeit Unterricht bei einem Harfenisten aus Paraguay. Für ihre Feldforschung führte Sie viele Interviews mit Musiker*innen, die dort in der jungen Jazzszene unterwegs sind und die traditionelle paraguayische Musik mit Elementen von Improvisationen und Jazzmusik mischen.
Was ist mir wichtig in meiner Arbeit in der Community Music? Was will ich durch die Arbeit bewegen?
Die Freude an musikalischen Prozessen weiterzugeben ist für Charlotte das Allerwichtigste. Egal, ob Menschen eine musikalische Ausbildung mitbringen oder nicht. Musik sollte ihrer Meinung nach nicht nur dann Spaß machen, wenn man eine musikalische Ausbildung hat, sondern für jede*n zugänglich sein. Das Tolle an Musik ist ja grade, dass sie keine Schwelle zum Einsteigen hat, solange man diese nicht kreiert. Das ist etwas, was in der jetzigen Zeit, wo sich das ganze musikalische Bildungssystem entwickelt hat, für viele Menschen sehr schwierig ist, denn Musik ist zu etwas geworden, das man „können“ muss. Charlotte findet es großartig, wenn Leute Musik studieren, Menschen ein Instrument spielen lernen, Unterricht haben und auch Konzerte findet sie toll. Gleichzeitig findet sie es aber auch wichtig, dass es man auch einfach Spaß am Musizieren haben darf. Diese Seite geht oft ein wenig verloren, meint Charlotte. Deswegen möchte Sie in ihren Projekten Freude an musikalischen Prozessen auf allen Niveaus ermöglichen und Hürden abbauen.
Darüber hinaus ist ihr sehr wichtig, dass Sie in den Gruppe, mit denen Sie arbeitet, individuell angepasst reagieren kann. Für Sie macht Community Music aus, dass es nicht ein festes Konzept gibt, das man durchführt. Es ist abhängig von der Gruppe und von den einzelnen Personen in der Gruppe, wie das, was zusammen gestaltet wird, am Ende aussieht. Es geht nicht darum, dass in jeder Gruppe dasselbe Lied gespielt wird, sondern darum, dass jede Gruppe ihr Eigenes aus dem macht, was Charlotte als Inspiration mitbringt. Für Sie ist essenziell, dass die Gruppe selbst bestimmen kann, was sie machen möchte. Charlotte ist zwar dabei, hilft und bringt Prozesse ins Rollen, aber möchte nicht vorgeben, was gemacht wird, denn das gehört jeder Gruppe selbst überlassen und soll jede Gruppe selbst entscheiden.
Außerdem möchte Charlotte einen größeren Zugang zur Musik liefern. Mit den vielen anderen Akteur*innen möchte Sie dazu beitragen, dass die Musiklandschaft und das kulturelle Angebot breiter, inklusiver, leichter zugänglich und interessanter werden, sodass mehr Menschen Spaß daran haben.
Was steht momentan an?
Im Rahmen des Lehrgangs der Landesmusikakademie hat Charlotte das Projekt „Community Soundscapes“ in Wuppertal entwickelt und durchgeführt. Das war ihr erstes eigenes Projekt, was sie von Anfang bis Ende allein konzipiert hat. Das Projekt umfasste sieben Termine und bestand aus Community Music. Als ein offenes Angebot konzipiert, durfte jede Person kommen, die Lust hatte und alle Interessierten waren eingeladen. Stattgefunden hat es in der Citykirche in Wuppertal Elberfeld. Es bestand eine Kooperation mit dem Kulturcampus der Bergischen Universität Wuppertal und das Projekt wurde gefördert von der Jackstädt-Stiftung und vom Kulturamt Wuppertal. Es nahmen jeweils zwischen 20 und 30 Leute teil und von sechs bis 76 Jahren waren alle Altersklassen vertreten. Charlotte hatte sehr viel Spaß in dem Projekt, konnte viel ausprobieren von dem, was sie im Lehrgang gelernt hat und die Leute waren ihr sehr zugeneigt. Sie probierten mit ihr viel aus, haben vieles verziehen, was nicht so gut funktioniert hat und sind alle glücklich herausgegangen. Das Community Soundscape Projekt würde Charlotte sehr gerne nochmal in Wuppertal durchführen. Sie möchte es etwas größer machen, im Frühjahr nächsten Jahres noch mal neu konzipieren, die Sachen, die gut funktioniert haben, mitnehmen und ein paar Sachen ändern.
Charlotte ist außerdem Teil des Projektes „Jazzkiste Initiative“. Die Jazzkiste wird von der Pianistin Laia Genc geleitet, die schon seit mehreren Jahren sehr aktiv im Bereich Jazzvermittlungen für Kinder und Jugendliche tätig ist. Sie hat bereits viele tolle und moderne Formate entwickelt. In den letzten drei bis vier Jahren war die Jazzkiste viel in Aachen unterwegs und haben da ein großes Musiktheaterstück veranstaltet, bei dem Kinder im Vorfeld an Workshops teilnehmen konnten. Es gab ein großes Abschlusskonzert mit einer Big Band und Schauspieler*innen. Die Kinder konnten teilhaben an dem, was im Programm passiert, weil sie das vorher in den Workshops gelernt haben. Für Charlotte ist die Jazzkiste ein qualitativ hochwertiges Projekt auf fachlich und musikalisch hohem Niveau. Ihr ist das Projekt sehr wichtig und Sie arbeitet sehr gerne daran mit. Das Projekt findet immer an unterschiedlichen Orten statt. In den letzten Jahren waren sie hauptsächlich im Raum Aachen tätig und waren auch mal in Maastricht für ein Konzert.
Im nächsten Jahr finden wieder Konzerte in Belgien und Aachen statt mit verschiedenen Formaten. Es gibt einmal das Hausformat. „Martin und der Jazz mit Käs“. Das ist ein Musiktheaterstück für Kinder, in dem es darum geht, verschiedene Elemente von Jazzmusik und wie man die Instrumente spielt, zu erklären. Die Themen sind als Einblicke aufgearbeitet, um z.B. darzustellen, was Improvisation ist oder wie die Posaune funktioniert. Darüber hinaus gibt es ein schönes Programm für Kita-Kinder und noch kleinere Formate bspw. zu Weihnachten. Das Projekt bietet ein sehr buntes Programm an.
Zukunftsmusik – Was kommt noch?
Charlotte kann sich gut vorstellen, in den nächsten Jahren in der freien Szene tätig zu sein, weil Sie noch nicht bereit ist, sich für einen Bereich richtig zu entscheiden. Ihr Projekt Community Soundscapes möchte sie sehr gerne erneut aufnehmen und Community Music an Musikschulen bringen. Sie würde gerne eine Plattform zum Austausch für Leute schaffen, die schon im Musikbereich arbeiten und als Musiklehrer*in tätig sind. Ihr Ziel ist es, dass man nicht gegeneinander, sondern zusammenarbeitet und sich gegenseitig inspiriert. Selbst wenn nicht alles Community Music ist, könnten Menschen, die schon in der Praxis tätig sind, aber auf eine andere Art studiert haben oder sehr klassisch ausgebildet sind, Aspekte aus dem Ansatz für ihre eigenen Tätigkeiten mitnehmen. Zusätzlich würde Charlotte gern in den nächsten Jahren viele praktische Erfahrungen sammeln, weil Sie einen eher theoretischen Hintergrund hat. Sie hat schon viele Projekte durchgeführt, aber war die letzten sieben Jahren an der Uni und würde gerne mehr Praxis sammeln, um die ganzen Ideale, die sie in ihrem Kopf hat, in die Welt zu tragen.
Eine Herzensangelegenheit
Im Rahmen ihres Musikethnologie Studiums hat Charlotte sich mit vielen anderen Teilen der Welt beschäftigt, außerhalb von Deutschland und Europa. Im letzten Jahr hat sie allerdings gemerkt, dass es für sie ebenso spannend ist, den Blick auf Deutschland zu richten und zu schauen, woran sie hier arbeiten und was sie hier bewirken kann. Aktuell kann sich Charlotte vorstellen, noch lange in Deutschland zu leben und ihr ist wichtig, in ihrem aktuellen Umfeld etwas zu bewirken. Eine Möglichkeit ist z.B. an dem Repertoire zu arbeiten, was man in Community Music Kontexten in Deutschland durchführen kann. Sie findet es großartig, dass die Community Music so offen ist für vielfältiges und interkulturelles Repertoire und das möchte Sie auf jeden Fall immer unterstützen. Darüber hinaus würde Sie es sehr schön finden, wenn es ein weiteres Repertoire geben würde, welches die Menschen in Deutschland selbst kreieren und das aus Deutschland kommt. Charlotte findet, dass man aufarbeiten muss, was in der Geschichte passiert ist. Es sollte mehr daran gearbeitet werden, dass man das Geschehene reflektieren und nach vorne blicken kann, um zu überlegen, was das bedeutet und was daraus gemacht werden kann. Die Geschichte von Deutschland ist immer noch ein wichtiges Thema, denkt Charlotte, sodass noch viel Aufarbeitungsarbeit zu leisten ist und rassistische Denkstrukturen aufgebrochen werden müssen. Ihr ist wichtig, dass nicht das Deutsche in der deutschen Kultur gestärkt wird, sondern dass an dem Punkt, wo wir gerade sind, ein Repertoire entwickelt wird, das für alle Menschen zählt. Es sind die bereits vorhandene Vielfalt und Toleranz, die dabei gestärkt werden sollen, damit daraus noch mehr wachsen kann.