Marion Haak-Schulenburg

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Wer bin ich?

Marion Haak-Schulenburg ist Community Musician mit dem Fokus auf Gruppenstimmarbeit. Sie ist darüber hinaus in vielen anderen Bereichen als Facilitator aktiv und praktiziert z.B. Body Percussion, spielt auf Percussion Instrumenten oder auch Instrumenten, die von Teilnehmenden selbst mitgebracht werden und kann ebenso Prozesse mit diversem Instrumentarium facilitieren. Für Marion Haak-Schulenburg stellt ihre Erfahrung in Palästina den Startschuss für Community Music dar. Sie studierte Musik und Englisch auf Lehramt in Berlin und wirkte während des Studiums an einem vierwöchigen Musikprojekt in Palästina mit. Daraus ergab sich die Möglichkeit, über drei Jahre in Palästina für die Barenboim-Said Stiftung zu arbeiten. Dort hat sie mit Kindern gesungen und Musik gemacht, die in schwierigen Lebensumständen sehr begeisterbar für Musik waren und Musik gut brauchen konnten. Marion Haak-Schulenburg wollte den Kindern Musik als Ressource im Leben vermitteln, sodass sie auch Erfahrungen von Glück, Gemeinschaft und Freude sammeln können, in einer von der Gewalt der Besatzung geprägten Umgebung, die wenig Zuversicht und Perspektive bot. Marion Haak-Schulenburg leitete vor Ort für die Barenboim-Said Stiftung Musikgruppen, von denen viele Kindergruppen waren, in denen sie Spaß mit Musik vermitteln konnte. Es wurden schnell und leicht erlernbare musikalische Spiele in verschiedensten Sprachen ausprobiert, die viel Spaß machten und dazu dienten, sich mit Musik zu begegnen und Freude zu erleben.

Im Laufe der Jahre in Palästina lernte Marion Haak-Schulenburg die Organisation „Musicians without Borders“ kennen. Diese hat viel Erfahrung im gezielten Einsatz von Musik in Konfliktgebieten, um eine Stabilisierung von Gemeinschaften von Menschen sowie Wiederherstellung von Beziehungen zu ermöglichen. Marion Haak-Schulenburg war fasziniert von dem Wissen und der Arbeit und wollte lernen, in ihrer eigenen Arbeit genauso vorzugehen. Nach einem „Training of Trainers“ arbeitet Marion Haak-Schulenburg seit 2016 selbst als Trainerin für „Musicians without Borders“ in Deutschland. Sie wirkt mit Geflüchteten und Kindern, denen Musik helfen kann, wieder bei sich anzukommen, Gemeinschaft und Verbindung wieder neu aufzubauen und Freude zu erleben. Von 2017 bis 2020 arbeitete Marion Haak-Schulenburg in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften in Berlin und leitete dort Musikgruppen für Kinder an.

Was tue ich?

Marion Haak-Schulenburg arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der kath. Universität Eichstätt Ingolstadt und betreut den Masterstudiengang Community Music/Inklusive Musikpädagogik. Sie leitet einen Kinderchor, arbeitet als selbstständige Community Musician und veranstaltet viele Fort- und Weiterbildungen, Lehrgänge und Trainings an Musikschulen sowie Landesmusikakademien.

Außerdem steckt Marion Haak-Schulenburg in den letzten Zügen ihrer Doktorarbeit, die sie zum Thema „Musizieren oder Musicking. Musikbegriffe in der Praxis von Musikprojekten am Beispiel von Projekten in Palästina“ schreibt. Sie forscht über die bei-den Projekte, die sie selbst erlebt hat und die oben genannt wurden. Beide Projekte verfolgen einen jeweils verschiedenen Musikbegriff. Das eine Projekt (Barenboim-Said Stiftung) zielt auf klassische Musik ab, unterrichtet westliches Repertoire, Orchesterinstrumente und klassisch westliche Hochkultur. Marion Haak-Schulenburg möchte den Musikbegriff des Projektes untersuchen und herausfinden, woher die Annahme kommt, dass Musik in der Region einen positiven Unterschied machen kann. Das andere Projekt („Musicians without Borders“) wird ebenfalls auf den Musikbegriff und die Praxis untersucht. Dieses praktiziert in seinen Werten und Ansätzen Community Music und nutzt ein diverses Repertoire, das dem Kontext angepasst ist.

Marion Haak-Schulenburg möchte die Ursprünge der unterschiedlichen Denkweisen über Musik und der verschiedenen Antworten auf die Frage, warum Musik einen positiven Unterschied für Menschen machen kann, ergründen und die Auswirkungen auf die Gestaltung der Praxis darstellen.

Was ist mir wichtig in meiner Arbeit in der Community Music? Was will ich durch die Arbeit bewegen?

Community Music sollte nicht allein „Sozialkitt“ sein, in dem Musik immer nur Mittel zum Zweck ist, um bessere Beziehungen herzustellen, findet Marion Haak- Schulenburg. Musik kann ein fantastisches Mittel sein, um bessere Beziehungen herzustellen, aber die Musik muss den Menschen auch Befriedigung geben und ästhetisch gefallen, damit Menschen eine erfüllende Erfahrung machen können. Beziehung hat damit zu tun, sich aufeinander zu beziehen oder in Verbindung zu treten.

Wenn Menschen schöne gemeinsame Erfahrungen teilen, treten sie in Verbindung. Außer-dem kann (subjektiv) gute Musik dazu führen, dass Menschen Stolz auf ihr Ergebnis sind.

Marion Haak-Schulenburg ist es wichtig, dass sie Community Music so praktiziert, dass die wichtigste Beurteilung über die Qualität von der Gruppe kommt und nicht von außen. In ihrem Verständnis kann sich jeder Mensch musikalisch und künstlerisch betätigen und entscheiden, wem er die Autorität über die eigene Qualität überlassen möchte. Selbstverständlich gehören aber musikalische oder künstlerische Lernerfahrungen und Auseinandersetzungen zu diesem Prozess dazu.

Im musikalischen Prozess findet sie Offenheit, Fehlertoleranz und Flexibilität sehr wichtig. Für Marion Haak-Schulenburg besteht ein erheblicher Unterschied zwischen dem Ansatz von Community Music und traditionellen musikpädagogischen Ansätzen darin, dass Facilitators die Ziele nicht allein setzen, sondern den Raum und die musikalische Kompetenz zur Verfügung stellen und gemeinsam mit den Teilnehmenden herausfinden, „wo die Reise hingehen soll“.

Außerdem ist es Marion Haak-Schulenburg wichtig, das Teilnehmende gemeinsam in eine Bereitschaft kommen in einen Prozess einzusteigen. Dafür müssen die Teilnehmenden individuell abgeholt werden, sodass sie sich für etwas Neues öffnen können. In ihren Community Music Workshops nutzt sie überdies das Wissen über die Regulation des Nervensystems, u.a. auch im Hinblick auf die Folgen von Traumata, das sie von dem brasilianischen Trauma- und Kindertherapeuten Alé Duarte gelernt hat. Musik kann einen Beitrag dazu leisten, dass das Nervensystem wieder lernt, wie es sich regulieren kann. Bei allen Workshops von „Musicians without Borders“ werden diese Kenntnisse über die Phasen des Nervensystems, mit einbezogen.

In ihrer Arbeit in Flüchtlingsunterkünften war Marion Haak-Schulenburg besonders wichtig, mit den Auswirkungen von individuellen Lebensumständen und Haltungen von Kindern und Familien verbindungsstiftend umzugehen. Klare Regeln, Beziehungs- und Vertrauensaufbau standen im Fokus. Die Musikgruppen bestanden immer aus unterschiedlichen Teilnehmenden, aufgrund der hohen Fluktuation in den Unterkünften. Marion Haak-Schulenburg arbeitete mit vielen musikalischen und sozialen Spielen, über die Gruppendynamiken deutlich, soziale Kontakte geknüpft und Gruppenregeln etabliert werden konnten. Es wurden ebenfalls die Muttersprachen der Kinder mit einbezogen, sodass jede*r Teilnehmende*r etwas persönliches mit einbringen konnten.

Mit jeder Gruppe findet Marion Haak-Schulenburg aufs Neue heraus, was das Thema ist und wie man dieses am besten mit welchem Repertoire beantworten kann. Dabei ist die Beobachterinnenperspektive besonders wichtig, um sich nicht zu verschließen und offen zu bleiben für die Bedürfnisse der Gruppen. Ergebnisoffenheit und Offenheit, um neue Dinge in der musikalischen Arbeit auszuprobieren sowie „flexibles Reagieren auf Notwendigkeiten des Momentes“ sind ihr ebenfalls sehr wichtig.

Was steht momentan an?

Marion Haak-Schulenburg leitet in Heidelberg einen Kinderchor, in dem sie mit ihren Community Music Werten arbeitet und viel ausprobiert. Zum Beispiel testet sie, wie die Teilnehmenden in einen Flow, aber auch wieder zur Ruhe kommen können. In dem Chor arbeitet Marion Haak-Schulenburg sehr wenig mit disziplinarischen Hinweisen, sondern lenkt die Energie der Kinder auf das Vorhaben im Chor um oder weckt bei den Kindern Neugier für bestimmte Übungen. In der Chorarbeit arbeitet Marion Haak- Schulenburg am Klang, der bei den Kindern für Stolz sorgt über das eigene Können und den Gruppenzusammenhalt stärkt.

Zukunftsmusik – Was kommt noch?

Marion Haak-Schulenburg entwickelt mit drei anderen Musiker*innen ein Format für ein Community Music Konzert. Im Sommer werden sie im Münsterland bei dem Festival „Soundseeing“ ihre Idee in ein Konzertformat bringen. Auf der Grundlage von Stücken oder Improvisationen darf das Publikum sich musikalisch mit Singen oder Rhythmus einbringen, und das, ohne üben zu müssen. Die Konzertbesucher*innen müssen dafür nichts Spezifisches können, sollen aber ein wichtiger und guter Teil des Gesamtklanges werden. Es gab dafür bereits einen Probedurchlauf in einem Konzert in Berlin. Die Community Konzerte im Münsterland werden am 2., 3. und 4. Juni 2023 stattfinden.

Zudem möchte Marion Haak-Schulenburg gern ihre Arbeit mit geflüchteten Menschen an ihrem neuen Wohnort Heidelberg wieder aufnehmen.

Eine Herzensangelegenheit

Als ihren Leitsatz formuliert Marion Haak-Schulenburg die Haltung „mit einem offenen und mitfühlenden Herzen sich selbst und den anderen gegenüber in der Arbeit zu sein“. Sie meint damit, dass man sich darüber im Klaren sein sollte, dass wir alle als Menschen fast nichts Wichtigeres kennen, als in der Gruppe akzeptiert zu sein, einen Platz zu haben und geliebt zu sein. Gleichzeitig tragen die Menschen ihrer Meinung nach auch die Kehrseite davon in sich. Die Angst, dass dies nicht zutrifft, dass man nicht gemocht wird, nicht genug ist oder nicht dazugehört. Wenn man sich dieser Angst bewusst ist und weiß, dass andere Menschen diese Angst teilen, kann man mit mehr Verständnis aufeinander und sich selbst reagieren. Marion Haak-Schulenburg meint, dass es einen großen Unterschied macht, wenn die Seite nicht immer versteckt, sondern als menschliche Bedingung und Teil des Bewusstseins akzeptiert wird. Wenn diese Bedingung angenommen wird und aus diesem Verständnis heraus zu liebevollem und gutem Miteinander beigetragen wird, „dann machen wir echt einen Beitrag für die Welt, selbst im Kleinen.“

Mit einem Verständnis von dieser menschlich universellen Angst und der gleichzeitigen Akzeptanz dieser Gefühle können Menschen besser und entspannter zusammenarbeiten. Diese Haltung vermittelt Marion Haak-Schulenburg auch in der Arbeit mit Studierenden. Sie arbeitet mit ihnen daran, die eigenen Strategien mit Angst umzugehen bewusster zu erleben und zu reflektieren in der musikalischen Arbeit als Facilitator. Über die Aktivitäten und die Art und Weise wie Marion Haak-Schulenburg ihre Angebote anleitet, möchte sie so viel Vertrauen aufbauen, dass diese Angst so weit wie möglich aufgelöst werden kann. Wenn die gemeinsame Beziehungsarbeit dorthin führt, hat sie ihr Ziel erreicht, denn mit weniger Angst können sich Vertrauen, Verbindung, Kreativität und Spaß entwickeln und “alles kann sprudeln”.

Projekte in Berlin, in denen Marion Haak-Schulenburg mitgewirkt hat:

https://www.nachbarton.com/die-kiezchoristen

https://www.mit-mach-musik.de/

https://al-farabi.de/

Kurse & Weiterbildungen von Marion Haak-Schulenburg:

https://lma-nrw.de/seminartermine/suche/haak-schulenburg/

Demnächst neues Format zum Thema Community Singing (Chorakademie Baden- Württemberg) vom 29. 09. – 03.10. in Trossingen:

https://chorakademie-bw.de/