Wer bin ich?
Shirley Salmon ist in einem Vorort von London aufgewachsen und ging auf eine Froebelschule. Sie studierte Musik an der Universität in York, an der viel Projektarbeit stattgefunden hat. Als Studentin arbeitete sie in einer Einrichtung für jugendliche Straftäter*innen und auch in einer Sonderschule. Später unterrichtete Shirley Salmon Musik an der Froebelschule, auf der sie früher selbst unterrichtet wurde. Sie absolvierte ein postgraduales Studium, um in England an staatlichen Schulen unterrichten zu können. Sie spielte in einem Ensemble für zeitgenössische, moderne Musik und hat über eine Volkshochschule in England den „Can´t Sing“ Chor gegründet. Nach ihrem Umzug nach Graz, hat Shirley Salmon in verschiedenen sozialen Bereichen gearbeitet. Über ihre Anstellung beim Land Steiermark wirkte sie u.a. in Kindergärten im Bereich Musik mit Bewegung und in einer Einrichtung für schwerhörige und gehörlose Kinder und bot dort Musik und Bewegung an. Sie hat bei der Lebenshilfe in Graz musikalische Workshops für Familien mit behinderten Kindern angeleitet und darüber hinaus auch ein Ferienprogramm für Eltern mit Kindern mit Behinderung mitgestaltet. Am Orff Institut in Salzburg baute Shirley Salmon in ihrer 35 jährigen Tätigkeit den Schwerpunktbereich Musik und Tanz in inklusiver Pädagogik mit auf, der heute Musik und Tanz in Inklusion und Diversität heißt. Außerdem unterrichtete sie in Graz in zwei pädagogischen Hochschulen in der Ausbildung von Volks- und Sonderschullehrenden und war bei verschiedenen Lehrgängen und Fortbildungen tätig.
Was tue ich?
Mit Community Music kam Shirley Salmon in Kontakt bei einer Tagung in Bozen mit Alicia de Bánffy-Hall. Dabei wurden für Shirley Salmon Überschneidungen zwischen ihrer eigenen Tätigkeit und Community Music sichtbar. Bei ihrer eigenen Arbeit handelt es sich nicht immer um Community Music, der Kontext ist häufig ein anderer, aber Shirley Salmon hat eine ähnliche Haltung in ihrer Arbeit verinnerlicht. Alle Teilnehmenden von Angeboten werden bestmöglich mit einbezogen. Alle werden so akzeptiert, wie sie sind, mit den Fähigkeiten, die sie haben. Es geht nicht nur um verschiedene musikalische Fähigkeiten, sondern auch um individuelle Niveaus, Interessen und Stärken der Teilnehmenden. Die eigene, elementare Kreativität kommt aus den Teilnehmenden selbst heraus und wird nicht durch schulische Ziele erreicht. Den Gedanken des Elementaren sieht Shirley Salmon als zentrale Überschneidung zwischen einem inklusiven musikpädagogischen Kontext und dem der Community Music. Eine weitere Ähnlichkeit stellt ihrer Meinung nach die Rolle der leitenden Person dar, die Abläufe koordiniert, initiiert und Impulse gibt. In ihrer Arbeit in den Lebenshilfe-Familiengruppen und im Ferienprogramm hat Shirley Salmon die Rolle des Facilitators eingenommen und sieht einen großen Wert darin, manche Gruppen durch Facilitator-Skills anzuleiten. Gerade weil keine schulischen Ziele verfolgt wurden und die Kinder und Eltern trotzdem von den Angeboten profitierten. Ihr Hauptinstrument ist zwar das Klavier, für ihre Arbeit als Community Musician nutzt Shirley Salmon aber die Gitarre und Kantele als Community Instrumente.
Was ist mir wichtig in meiner Arbeit in der Community Music? Was will ich durch die Arbeit bewegen?
In ihrer Arbeit sind Shirley Salmon Teilhabe und “Teilgabe” der Teilnehmenden sowie inklusives Musizieren wichtig. Es muss Bewusstsein geschaffen werden auf Anleitungsebene für eine innere Differenzierung im Vorgehen. Man kann zusammen an einem gemeinsamen Stück arbeiten und jede Person bringt das ein, was er*sie kann. Es sollen nicht alle das gleich beitragen, sondern das Angebot sollte individuell angepasst werden, wobei nicht alles, was angeboten wird auch angenommen werden muss. Es sollte nach Differenzierungsmöglichkeiten geschaut werden, damit die Teilnehmenden selbst eigene Beiträge schaffen können. Dadurch, dass auf die einzelnen Personen individuell eingegangen wird, ermöglicht dies ebenfalls individuelles Vorgehen.
Was steht momentan an?
Aktuell wirkt Shirley Salmon organisierend mit in dem Projekt „Spiel Raum Musik“. Dieses findet alle zwei Jahre für vier bis fünf Tage oder auch nur für einen Projekttag in Salzburg statt. Die Projektwoche richtet sich an Jugendliche und Erwachsene mit Behinderung, die über Einrichtungen oder ihre Eltern zur Teilnahme kommen. In dem Projekt geht es darum, dass Menschen mit Behinderung, die an Musik und Tanz interessiert sind, mit Profimusiker*innen und -tänzer*innen in Kontakt kommen und miteinander arbeiten. Es steht die künstlerische Begegnung durch freie Improvisation im Fokus. Ergänzend finden einzelne Projekttage statt.
Es wurde ein Film im Jahr 2016 gedreht, der einen sehr guten Überblick über das Projekt gibt und sehr empfehlenswert ist. Diesen findet man auf YouTube über den untenstehenden Link.
Ein weiteres Projekt, in dem Shirley Salmon mitarbeitet ist „IGMI.at“. Dabei geht es um inklusives Musizieren in allen Bereichen und dass jeder Mensch mit Behinderung Zugang zu Musik erhält. Das Projekt besteht aus einer Kerngruppe und verschiedenen Bundesländergruppen in Österreich, die sich an der UN-Behindertenrechtskonvention orientieren. Die Kerngruppe hat ein Impulspapier verfasst, welches an Ministerien, Verbände und Institutionen geschickt wurde, die Unterstützung leisten könnten. Es geht den Projektmitgliedern darum, Bewusstsein zu schaffen und die Angebote auszuweiten. Die geplanten Angebote werden auch im Bereich Community Music stattfinden.
Zukunftsmusik – Was kommt noch?
Das Projekt „Meet4Music“ ist ein Angebot der Kunstuniversität Graz (KUG), welches regelmäßige Angebote ermöglicht und veröffentlicht. Shirley Salmon war bereits mehrfach für das Projekt tätig. Ausgehend vom Interviewtermin im Dezember wird Shirley Salmon im Januar 2023 einen Workshop zum Thema „New Come together Songs“ veranstalten. Dabei kommen unterschiedliche Menschen zusammen, teilweise aus vorherigen Angeboten, teilweise neue Interessierte.
Shirley Salmon überlegt außerdem, eine zweite Auflage ihres Liederbuches „Hello children“ zu veröffentlichen. Dieses soll, ähnlich wie das erste, eine Ideensammlung beinhalten, sowohl mit musikalischen und inhaltlichen Erklärungen als auch konkreten Vorschlägen für die Durchführung von musikalischen Angeboten.
Eine Herzensangelegenheit
Eine Herzensangelegenheit von Shirley Salmon ist, dass genügend Angebote vorhanden sein sollten, für Lernende in der Ausbildung als auch danach. Durch diese sollten die Menschen sich zunächst selbst in den Übungen erleben, diese verinnerlichen und spüren, bevor sie diese mit anderen Menschen durchführen bzw. anleiten. Aus ihrer Sicht ist es schwierig, für andere Menschen Einheiten zu entwickeln, wenn man keine eigenen Erfahrungen damit gesammelt hat.
In musikalischen Angeboten sollen die Menschen individuell betrachtet werden, sodass man auf diese spezifisch im Hier und Jetzt eingehen kann. Alle Teilnehmenden sollten die Möglichkeit haben, sich selbst einzubringen. Anleitende Personen sollten sich auf die aktuellen Teilnehmenden ausrichten und genügend Methoden kennen, um flexibel handeln zu können. Sie sollten sich mit den Themen sehr gut auseinandergesetzt haben, damit sie mit neu aufkommenden Ideen arbeiten können und nicht irritiert sind. „Man soll sich auch freuen, wenn plötzlich etwas Neues dazu kommt“, ergänzt Shirley Salmon dazu.
Für Shirley Salmon sind außerdem Mind-Maps essenziell für eine gute Planung und auch sehr gut geeignet, um mehr Flexibilität und Spontaneität in einem Angebot zeigen zu können. Außerdem findet sie die Haltung, die in der Community Music vermittelt wird, extrem wichtig sowie das Verständnis als Facilitator.
Links:
Link zum Film über das Projekt „Spiel Raum Musik“: