Prof.in Dr.in Karin E. Sauer

Wer bin ich?

Karin E. Sauer ist Professorin an der Fakultät für Soziale Arbeit an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen. Sie ist Diplom Pädagogin und Master of Diversity Education.  Sie wird i.d.R. gelesen als ‚weiß‘, ‚weiblich‘, ‚menschlich‘  – Kategorien, die mit Rassismus, Sexismus und Anthropozentrismus verbunden sind. Sie beschäftigt sich unter anderem damit, wie solche Zuschreibungen für einige zum Privileg und für viele zur Benachteiligung werden, in Form von Diskriminierung, Unterdrückung und Aussterben. Ihre musikalisch-kreative Praxis als Percussionistin und Vocalistin konzentriert sich aktuell verstärkt auf den Themenkomplex Frauen – Freiheit – Leben und den Einsatz von Community Music im Kontext Klimagerechtigkeit und Dekolonialer Sozialer Arbeit.

Was tue ich?

Im Masterstudiengang Interkulturelle Diversität in der musikalischen Bildung an der Universität Hildesheim leitet sie gemeinsam mit Professorin Dr. Alicia de Banffy Hall das Modul diversitätssensible, diskriminierungskritische Soziale Arbeit / Community Music.

Als Percussionistin und Vocalistin spielt sie mit dem Tübinger Frauen- Saxophonquartett Gleis 4 unter anderem das Frauen-Programm ‚Nichts soll meine Schritte fesseln‘.

Als Professorin der Fakultät Sozialwesen der DHBW VS legt sie in der Tradition der brasilianischen Pädagogen Paulo Freire (1921-1997) und Augusto Boal (1931-2009) Wert darauf, dass auch ‚Unterdrückte‘ Wissen schaffen, und dass bei der Erzeugung von Wissen kreative Methoden des Lernens eingebunden werden, die Musik, Tanz (u.a. Capoeira), Meditationen und andere regenerative und kritisch reflexive Praxen umfassen.

Was ist mir wichtig in meiner Arbeit in der Community Music? Was will ich durch die Arbeit bewegen?

Als radikal aktivistische Wissenschaftlerin ist es Prof.in Dr.in Karin E. Sauer wichtig, gegen epistemische Gewalt und für Klimagerechtigkeit einzutreten. Im Kontext globaler Machtasymmetrien bezüglich Rassismus, Klassismus, Ableismus, Sexismus, Anthropozentrismus sieht sie in der Tradition Paulo Freires und bell hooks‘ eine universell befreiende Aufgabe darin, das Bewusstsein für Situationen der Unterdrückung zu schärfen,  Solidarität der Unterdrückten untereinander und Solidarität der Unterdrückenden herzustellen, die in den revolutionären Kampf der Unterdrückten eintreten, der sowohl die Unterdrückten als auch die Unterdrücker*innen befreien wird.

Die durch systemische Gewalt verursachten Traumata der Unterdrückten anzuerkennen um ‚den Schmerz der anderen zu begreifen‘ (Wiedemann) und sich verantwortungsvoll mit ‚Trauma als Wissensarchiv‘ (Scharf da Silva) auseinanderzusetzen, ist die Essenz ihrer Arbeit in verschiedenen Bewegungen, die sie unterstützt:

  • FIRE – Female International Research Network mit Forscherinnen aus Europa und Sub-Sahara-Afrika
  • Antirassistische Vernetzung von BIPoC-Dozierenden der DHBW
  • Awareness Team ‚A-Team‘ der DHBW VS zu grenzachtendem Umgang und Beratung bei sexueller Gewalt
  • Extinction Rebellion, Scientists for Future

Was steht momentan an?

Prof.in Dr.in Karin E. Sauers derzeitige Forschung befasst sich mit Post-Konflikt-Gesellschaften in Bezug auf ihre koloniale Vergangenheit, ihre Erinnerungskulturen und ihre Bemühungen um die Heilung von Erinnerungen. Nach dem Modell von Freire sind alle Beteiligten als Mitforschende in dieses Projekt der Partizipativen Aktionsforschung eingebunden.

Partizipative Aktionsforschung impliziert auch die Vernetzung mit Radikalen Aktivist*innen und Gemeinwesen-Organisator*innen, die z.B. für Klimagerechtigkeit und die De-kolonialisierung von europäisch-zentriertem Wissen einsetzen.

Zukunftsmusik – Was kommt noch?

Der letztjährige Welttag der Sozialen Arbeit stand unter dem afrikanischen Motto Ubuntu – “Ich bin, weil wir sind.” (IFSW 2021). Um die Verwirklichung dieser Idee umzusetzen, arbeitet Prof.in Dr.in Karin E. Sauer im Rahmen des FIRE-Networks mit europäischen und afrikanischen Kolleginnen in interdisziplinären Projekten zusammen, in denen länderübergreifende Projekte angebahnt wurden, wie das südafrikanisch-deutsche Netzwerk zum Thema ‚Gender Based Violence – Governance in Safe Spaces and Brave Spaces‘. Des Weiteren befasst sie sich mit ruandischen, südafrikanischen, tansanischen und deutschen Kolleginnen aus den Bereichen Geoökologie, Chemie, Friedensforschung, Psychologie, Rechts- und Sozialarbeitswissenschaften mit dem Thema ‚Klimagerechtigkeit und sozialökologische Transformation‘. Solche Kooperationen sind für die Bewältigung der gegenwärtigen globalen Herausforderungen existenziell. Der Einbezug von indigenem Wissen in den europäisch-westlich-zentrierten Diskurs ist zentral, um die Weichen für eine gemeinsame und nachhaltige Zukunft zu stellen. Diese Themen werden u.a. auf einer Online-Fachtagung am 2. und 3. November 2023 vertreten sein, die von Karin E. Sauer mitorganisiert wird: Beziehungen dekolonisieren. Ökosoziale Transformation in der sozialen und pädagogischen Praxis: https://www.frankfurt-university.de/de/hochschule/fachbereich-4-soziale-arbeit-gesundheit/aktuelles-und-termine/veranstaltungen-am-fb-4/fachtagung-beziehungen-dekolonisieren/

Im Erscheinen sind folgende Publikationen:

Sauer, Karin E.; Klus, Sebastian; Gugel, Rahel (Hrsg.) 2023. Studienbuch Gender & Diversity für die Soziale Arbeit. Wiesbaden: Springer VS. I.E.

Sauer, Karin E.; Brandes, Dieter; Uwimbabazi, Penine; Nzambimana, Onésime; Ulimwengu, Biregeya B. (Eds.) 2023. Healing through Remembering. Sharing Grassroots Experiences of Peace, Reconciliation and Healing in the Great Lakes Region of Africa. Wiesbaden: Springer VS. I.E.

Sauer, Karin E.; Uwimbabazi, Penine; Murekatete, Shukulu 2023. Erinnerungsarbeit in Post-Konflikt-Gesellschaften – Blumen der Ver-söhnung. Entwicklung dekolonialer und regenerativer Praxen am Modell des ruandischen Projekts Umucyo Nyanza. In: Tanja Kleibl, Caroline Schmitt, Karsten Kiewitt und Ronald Lutz (Hrsg.), Krieg und Konflikt. Peacebuilding als Herausforderung und Arbeitsfeld. Weinheim: Beltz Juventa. I.E.

Eine Herzensangelegenheit

Für eine transformative Soziale Arbeit ist Prof.in Dr.in Karin E. Sauer wichtig, dass wir gute Vorfahr*innen werden, durch Powersharing, kritisches Weißsein und Allyship. Karin E. Sauer erachtet es als überfällig, dass Kolonialmächte des globalen Nordens endlich die von ihnen verantworteten Gewalttaten der Kolonialzeit anerkennen, deren Folgen bis heute in den kolonisierten Gebieten, Wesen und Menschen nachwirken, vor allem da nach wie vor durch Narrative von ‚white Supremacy‘ globale Erinnerung und Verantwortung abgespalten wird. Um dies in die Realität umzusetzen, hat sie mit ihren Studierenden aus Deutschland und Ruanda den Film Working Toward a Peaceful Future produziert, der die Erinnerungsarbeit in beiden Ländern dokumentiert https://video.dhbw.de/permalink/v12663744bad6v870p54/iframe/ . In einer Dokumentation des FIRE-Networks befasst sie sich mit dem Thema De-colonizing Research https://www.youtube.com/watch?v=NQ7wooXZVzw